Wachablösung für RJ45

Wachablösung für RJ45

Schnittstellen im Wandel der Zeit – Teil 2/2

Wie im ersten Teil (inVision 4/16, S.70) berichtet, befinden sich die Schnittstellen der Industriekameras aktuell auf dem Weg in die nächsten Generationen. Auch der inzwischen über 40 Jahre alten RJ45-Schnittstelle geht es nun an den Kragen. Einige Hersteller haben bereits neue Schnittstellen auf den Markt gebracht bzw. arbeiten aktuell an diesen. Doch was sind die Vorteile und welche wird sich durchsetzen?

 Ethernet-Schnittstellen im Wandel der Zeit (Bild: Alysium-Tech GmbH / Harting Electric GmbH & Co. KG)

Bild 1: Ethernet-Schnittstellen im Wandel der Zeit (Bild: Alysium-Tech GmbH / Harting Electric GmbH & Co. KG)

Sicherlich kaum einer konnte sich bei Einführung der achtpoligen RJ45-Schnittstelle vorstellen, welchen Siegeszug diese Schnittstelle nach sich ziehen würde. Spätestens nachdem Ethernet auch in der Industrie bzw. Automatisierung Fuß fasste, wurde die Schnittstelle schon fast belächelt. Wie sollte diese nicht gerade vibrationsbeständige und robuste Schnittstelle sich bitte in einem der härtesten Märkte der Welt erfolgreich durchsetzen? Ebenso hatte sie mit CAT5e/CAT6 die Fahnenstange der Datenübertragungsraten bereits erreicht. Doch wie so häufig, Totgesagte leben länger. Die RJ45-Schnittstelle überträgt inzwischen geschirmt und stabil 10G bei bis zu 100m Kabellänge aus dem Kupfer. Ebenso wurde der Telefonstecker durch verschiedene Maßnahmen kompatibel zu den Anforderungen der Automatisierung gemacht z.B. durch einfache horizontale/vertikale Verschraubungen bzw. bis zu IP65/67 im PushPull-Gehäuse, die mittlerweile sogar im Bahnbereich Einzug gehalten haben. Doch nun scheint sich ein Wandel anzukündigen: Vor allem die RJ45-Buchse ist mit Ihren Maßen nicht mehr kompatibel mit der Denkweise der Miniaturisierung. Die M12-Schnittstelle bietet in der X-Kodierung zwar eine standardisierte und robuste Alternative, doch auch dort ist das Miniaturisierungsthema problematisch. TE Electronics hat bereits seit einiger Zeit eine Alternative im Programm: Die Mini-IO-Schnittstelle. Diese beeindruckt durch einen um etwa 75% kleineren Platzbedarf gegenüber dem ursprünglichen RJ45-Stecksystem und ist auch als feldkonfektionierbare Variante verfügbar. Ebenso ist die Schnittstelle in einem IEC-Standard definiert und somit im Markt als Standard implementiert. Die Robustheit der Schnittstelle wird durch Abzugskräfte von bis zu 100N unterstützt. Aktuell bestätigt TE jedoch offiziell nur CAT5e Performance, d.h. wer ein zukunftsfähiges System mit dieser Schnittstelle ausrüsten möchte, zögert derzeit noch.

Ethernet-Schnittstelle ix Industrial (R)

 Die neuen Ethernet-Schnittstellen im Größenvergleich (v.l.n.r.) RJ45, ix Industrial und Multi-IO-Schnittstelle. (Bild: Harting Electric GmbH & Co. KG)

Bild 2: Die neuen Ethernet-Schnittstellen im Größenvergleich (v.l.n.r.) RJ45, ix Industrial und Multi-IO-Schnittstelle. (Bild: Harting Electric GmbH & Co. KG)

Kurz vor der electronica gaben Harting Electronics und Hirose Electric bekannt, dass man gemeinsam unter dem Namen ix Industrial (R) eine neue Ethernet-Schnittstelle entwickelt hat. Die im Vergleich zum RJ45 um 70% verringerte Baugröße der Buchsen erlaubt Geräteherstellern einen Einsatz in kleineren Geräten, wie z.B. bei den immer weiter schrumpfenden Kamerasystemen. Ebenso wird vom Start weg CAT6A/10G unterstützt. Für die Geräteintegration steht eine kleine, aber dennoch robuste Buchse – ähnlich wie die TE Mini-IO – mit fünf THR-Schirmkontakten für höchste Stabilität auf der Leiterplatte bereit. Die Datenkontakte sind als SMD-Kontakte ausgeführt. Die verfügbare horizontale gewinkelte Buchse hat ein Rastermaß von 10mm. Verkabelungsseitig werden zukünftig alle denkbaren Variationen im Markt verfügbar sein: RJ45 auf ix, ix auf ix, ix auf M12 x-kodiert oder auch Hersteller-übergreifende Varianten wie Mini-IO auf ix sind von unabhängigen Herstellern bzw. Kabelkonfektionshäusern wie Alysium denkbar. Eine besondere Herausforderung bei solch kleinen Bauformen mit nah beieinander liegenden Kontakten, ist es, das Übersprechen zwischen den einzelnen Datenpaaren wirksam zu minimieren. Die ix-Variante hat zwischen den beiden Kontaktreihen in der Buchse ein Schirmblech eingebaut, welches das Übersprechen zwischen den beiden gegenüberliegenden Kontaktreihen verhindert. Weiterhin besitzt der neue ix-Industrial nicht acht, sondern zehn Kontakte. In jeder Kontaktreihe dient ein mittiger Kontakt als Abschirmung zwischen den beiden Adernpaaren. Dazu wird der Mittelkontakt auf der Leiterplatte mit dem Massepotential verbunden. Durch das Schirmblech und die geerdeten Kontakte ergibt sich in der Anordnung der signalführenden Kontakte eine ähnliche Anordnung, wie bei einem x-kodierten M12-Rundsteckverbinder. Jedes Adernpaar liegt gegen seine Nachbarn abgeschirmt in einem eigenen Kabel- bzw. Steckverbinderquadranten. Dies schützt gegen Übersprechen und es wird eine perfekte Datenübertragung realisiert. Da die neue Ethernet-Schnittstelle bereits in der veröffentlichten IEC/PAS 61076-3-124 offen gelegt und genormt ist, wird sich bei Erfolg auch zügig die Anzahl an Herstellern und Variationen der Schnittstelle erhöhen. Interesse an dieser neuen Schnittstelle kommt bereits aus der Automatisierungstechnik und weiteren industriellen Anwendungsbereichen. Auch Alysium arbeitet an neuen Konzepten: Passend zum Thema Ethernet z.B. an der Multi-IO-Schnittstelle, die inzwischen Design-rechtlich geschützt wurde. Diese basiert auf der USB Type-C Gehäuseform. Hier wird innerhalb der immer gleichen Gehäuseform, durch verschiedene mechanische Kodierungen, diese an verschiedenste Varianten z.B. auch für CAT6A/10G Applikationen ausgelegt. Durch die immer gleichen Außenmaße sparen sich Gerätehersteller so verschiedene Rückwände für jeweilige Applikationen.

Single-Pair-Ethernet-Standard

Welche Schnittstelle sich zukünftig als neuer Standard durchsetzt, lässt sich aktuell noch nicht sagen. Die neuen Schnittstellen zeigen gute Ansätze, jedoch wird es einige Zeit dauern, bis der Markt diese neben der RJ45-Schnittstelle akzeptiert. Als zukünftige Kameraschnittstelle könnte auch der neue Single-Pair-Ethernet-Standard eine Rolle spielen, der gerade unter IEEE P802.3bp 1000Base-T1 veröffentlicht wurde. Dort sind Ethernet-Übertragungsverfahren für 1Gbit/s über eine einpaarige geschirmte Übertragungsstrecke mit einer Länge von bis zu 40m beschrieben. Ein Standard für 10Gbit/s ist bereits in Diskussion. Damit können auch Kameraschnittstellen zukünftig kleiner und robuster werden. Auch hier könnte das Multi-IO Konzept von Alysium oder ein weitere Verkleinerung der ix-Schnittstelle von Harting eine Rolle spielen.

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| Fachartikel

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inVISION 6 2016
Alysium-Tech GmbH

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