Auf Messers Spitze

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Kleine Mikrokamera-Module für Industrie und Medizin

In der medizinischen Endoskopie haben sich Mikrokamera-Module mit Abmessungen von 1x1mm (oder weniger) bereits seit einigen Jahren etabliert und ermöglichen u.a. die Realisierung von Einwegendoskopen an Stelle von teuren und schwer zu dekontaminierenden Faserbündelendoskopen.

Bild 1 | Mikrokamera-Module mit Abmessungen von 1x1mm und kleiner sind beispielsweise ideal für kleine Endoskope. ( Bilder: AMS AG)

Damit können nicht nur die Gesamtkosten von mikro-invasiven Endoskopischen Behandlungen reduziert werden. Der Arzt erhält durch die Mikrodigitalkamera-Technologie auch Bilder mit deutlich besserer Qualität gegenüber Faserbündelgeräten. Neue Mikrokamera-Module mit Abmessungen von 1x1mm sind daher ideal für Endoskope mit einem Durchmesser von 3mm und weniger, um die bei dickeren Endoskopen übliche Chip-on-the-tip-Technologie zu integrieren. Dort wurden schon mit der Verbreitung der CCDs die Bildfasern durch einen Chip ersetzt und damit die Bildqualität sowie die Flexibilität der Instrumente erhöht. Um Chip-on-the-tip-Endoskope mit weniger als 3mm Durchmesser zu realisieren, war es allerdings notwendig auf eine Reihe halbleitertechnischer Entwicklungen zurückzugreifen. Da zudem ein Endoskop typischerweise nebst einem Bildaufnehmer noch eine Beleuchtung sowie meistens einen Arbeitskanal und weitere Kanäle für Spülflüssigkeit oder andere Instrumente aufweist, steht in einem 3mm-Durchmesser-Endoskop meist nur 1mm2 (oder weniger) der Frontfläche für den Bildsensor zur Verfügung.

Bild 2 | Endoskopspitze mit Kamera, Beleuchtung, Bewässerung und Arbeitskanal. Meist stehen dort nur 1mm2 der Frontfläche für den Bildsensor zur Verfügung.

Bild 2 | Endoskopspitze mit Kamera, Beleuchtung, Bewässerung und Arbeitskanal. Meist stehen dort nur 1mm2 der Frontfläche für den Bildsensor zur Verfügung. Bild: Boston Scientific Corporation (BSC)

Handys als Innovationstreiber

Wichtigste Voraussetzung um Kameras mit 1mm2 Fläche zu bauen, war die Verfügbarkeit entsprechender CMOS-Halbleitertechnologien, die es erlaubte, solche Image-Sensoren für die Medizintechnik zu entwickeln. Diese Voraussetzung war mit dem Einzug von CMOS-Sensoren in Mobiltelefone um 2004 erreicht. Zu dieser Zeit war es allerdings noch Stand der Technik einen Bildsensor in ein Keramikgehäuse zu bauen und mittels Drahtbondtechnik die Chip Pads mit den kleinen Beinchen des Package zu verbinden. Allerdings führte dies zu einem mindestens 1mm größeren Package auf jeder Seite gegenüber dem Chip. Zu Zeiten eines Nokia 7650 war diese Aufbautechnologie noch akzeptabel, aber sicher nicht geeignet eine komplette Kamera mit weniger als 1mm Seitenabmessung zu realisieren. Allerdings wurde auch bald in den Handys der Platz für Kameras begrenzt, und dies bei steigendem Kostendruck, aber auch einem gigantischem Volumenanstieg. Diese Kombination erlaubte es neue Ideen in industrielle Halbleiter-Aufbauprozesse umzusetzen. Ab 2006 wurden z.B. erste optische Through Silicon Via (TSV) Packages als Aufbauform von Bildsensoren verfügbar und 2009 wurde diese Gehäuseform Standard für Handykameras. Eine weitere Idee, um Mobiltelefon-Kameras kostengünstiger zu machen, war um 2004 die Wafer Level Replikation von Linsen und der direkte Verbau der Linsen Wafer auf TSV Bildsensor Wafer. Da sich aber die Auflösungen der Kameras von CIF über VGA, zu SGA hin zu HD; 6MP; 8MP bis 16MP usw. erhöhten, waren diese Konzepte nur begrenzt erfolgreich. Die Wafer-Level-Lens- Technologie und das Full Wafer Stacking von Linsen und Bildsensor Wafer sind aber ideale Technologien, um sehr kleine Sensoren mit Linsen zu bestücken und so Mikrokameras mit 1mm Seitenlänge (oder kleiner) kosteneffizient zu realisieren. Awaiba (heute AMS AG) war 2008 der erste Anbieter eines kommerziellen Full-Wafer-Stacked-Kamera- Moduls. Durch Verbesserungen der Prozesse und Optimierung der Supply Chain gelang es die Stückkosten soweit zu senken, dass die Module zu tausenden in Einwegendoskopen verbaut wurden.

Mikrokameras für die IBV?

Da die Mikrokameramodul-Technologie dank der Medizintechnik vorhanden ist, stellt sich die Frage, ob solche Module in der industriellen Bildverarbeitung (IBV) ebenso Verwendung finden können? Durch die kompakte Bauform bieten sich Anwendungen in sehr begrenzten Bauräumen an, z.B. Kameras in Greifern oder innen liegend in Werkzeugen, die sonst nicht visuell zugänglich sind. Weiter lassen sich auch bei begrenzten Platzverhältnissen mehrere Kameras nebeneinander anordnen um z.B. stereoskopische 3D-Aufnahmen und Vermessungen in kleinsten Räumen wie z.B. der Innenseite von Bohrlöchern oder Gewinden zu realisieren. Die technologischen Entwicklungen werden – getrieben von medizinischen und einigen hochvolumigen nicht-medizinischen Anwendungen – sicher auch zukünftig weitergehen. Sowohl um noch kleinere Kameras zu realisieren, als auch um die Auflösung und Bildqualität in den vorhandenen Modulen weiter zu verbessern.

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| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 4 2017
ams AG

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