Sichere Unterscheidung von 2.500 Tray-Varianten

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Sichere Unterscheidung von 2.500 Tray-Varianten

Mit einer speziell entwickelten Anlage sortiert Matrium Jedec-Trays, in denen elektronische Bauelemente transportiert werden. Um bis zu 2.500 verschiedene Typen dieser Trays sicher voneinander unterscheiden zu können, nutzt die Firma das Software-Tool CVB Polimago.

Die Transportbehälter für elektronische Bauelemente weisen bis zu 2.500 unterschiedliche Geometrien auf. Sie verfügen über sehr kleine Kennzeichnungen mit unterschiedlichen Schriftarten zur Codierung des genauen Typs, die von der verarbeitung aufgrund des geringen Kontrasts nur schwierig zu erkennen sind. (Bild: Stemmer Imaging AG)

Bild 1 | Die Transportbehälter für elektronische Bauelemente weisen bis zu 2.500 unterschiedliche Geometrien auf. Sie verfügen über sehr kleine Kennzeichnungen mit unterschiedlichen Schriftarten zur Codierung des genauen Typs, die von der Bildverarbeitung aufgrund des geringen Kontrasts nur schwierig zu erkennen sind. (Bild: Stemmer Imaging AG)

Als 49-prozentige-Tochter von Airbus befasst sich die Matrium GmbH zu großen Teilen mit Logistik-Aufgabenstellungen in der Luftfahrtindustrie. Doch das Unternehmen bietet auch in anderen Branchen spezialisierte Lösungen für die Logistik an. So hat Matrium ein System für einen Kunden der Elektronikindustrie entwickelt, mit dem Trays für elektronische Bauelemente mit Hilfe eines Bildverarbeitungssystems unterschieden und dann von einem Roboter in dafür vorgesehene Fächer abgelegt werden. Diese Trays dienen als Transportbehälter für elektronische Bauelemente, deren Größe zwischen 3x3mm und etwa 40x40mm liegen kann. Eine Konstante ist dabei lediglich die Fläche der rechteckigen Trays, die 322,6x136mm beträgt. Um die Bauelemente sicher zu transportieren, weisen die Trays entsprechende Vertiefungen auf, in die Prozessoren und andere Elektronikkomponenten nach ihrer Produktion bei verschiedenen Herstellern von elektronischen Bauelementen eingelegt werden. „Wenn die Elektronikkomponenten auf den Trays ausgeliefert sind, erhalten wir die leeren Trays von unserem Kunden oder den Verwendern zurück, so dass diese nach Prüfung und Sortierung erneut genutzt werden können“, beschreibt Martin Eikel, Leiter IT bei Matrium, den Materialkreislauf. „Die Hersteller möchten diese Trays nach Typen sortiert zurückbekommen, und diese Aufgabe ist angesichts der rund 2.500 existierenden Varianten mit zum Teil nur minimalen Unterschieden bezüglich Form, Material und Dicke nicht einfach zu lösen.“ Darüber hinaus erfolgt für jedes Tray eine elektrische Messung des Oberflächenwiderstands nach DIN EN61340, welche nur automatisiert erfolgen kann.

Komplettsystem ersetzt manuelle Sortierung

Matrium übernimmt die Tray-Sortierung als Dienstleister schon seit Jahren für einen der weltweit größten Distributoren für elektronische Komponenten und Embedded-Lösungen. „Lange Zeit erfolgte diese Sortierung auf manuelle Weise durch unsere Mitarbeiter, doch wir wollten diesen Prozess automatisieren, um somit die Arbeitsbelastung zu reduzieren und die erhöhten Anforderungen an die Widerstandsmessung erfüllen zu können“, erläutert Eikel. „Zudem wurde es für unsere Kollegen durch neue Varianten immer aufwändiger, die verschiedenen Tray-Typen zu unterscheiden.“ Deshalb entstand die Idee, eine Anlage zu entwickeln, die mit Hilfe von Bildverarbeitung und einem Portalroboter für eine wirtschaftlichere und zuverlässigere Sortierlösung sorgen sollte. Im Herbst 2015 entwickelte der IT-Leiter mit seinem Mitarbeiter Martin Gericke zuerst eine 3D-Simulation der Anlage. Im Frühjahr 2016 wurde daraus mit der MTS-1 Realität (Matrium Tray-Sortiermaschine) und dies je nach Tray-Hersteller inzwischen mit 95 Prozent Sortiersicherheit. Ein kleiner Teil der Aufgabe erfolgt dabei noch heute von Hand durch Matrium-Mitarbeiter: Sie befüllen den Transportwagen der Sortiermaschine mit Traystapeln bis zu einer Höhe von maximal 180 Trays und stellen somit in diesem Arbeitsschritt sicher, dass die Bauelementeträger richtig orientiert und fehlerfrei sind. Die MTS-1 verfügt über fünf Stapelschächte, die im laufenden Betrieb nachgefüllt werden können.

Sichere Unterscheidung

Eine vertikal verfahrbare Achse mit einem Greifer nimmt zunächst das jeweils oberste Tray von einem Stapel und positioniert es vor den drei Kameras des Bildverarbeitungssystems. Zwei dieser Kameras nehmen Bilder von oben, eine von der Seite auf und liefern so Bilddaten an einen Industrie-PC. Die darauf laufende Matrium Bildverarbeitungssoftware wertet anschließend mit Hilfe von CVB Polimago die Bilder aus und entscheidet, zu welchem Typ das eben untersuchte Tray gehört. Während des Transportvorgangs und der Bilderfassung werden parallel die bis zu fünf erforderlichen elektrischen Messungen des Tray-Oberflächenwiderstands durch-geführt. Eine Besonderheit bei der Bildaufnahme war in diesem Fall, dass je nach Materialzusammensetzung, Farbe und Mattigkeit der Trays unterschiedliche Reflexionen entstehen. Gelöst wurde dieses Problem, indem die jeweils ersten Bilder eines Trays als Histogramm ausgewertet werden, dessen Ergebnisse dann für die Helligkeitsregelung der nächsten Aufnahmen verwendet wurden. „Ziel war es, für jedes Objekt Aufnahmen mit mittlerem Grauwert zu erreichen, um optimale Voraussetzungen für die nachfolgende Bildauswertung zu schaffen. Pro Kamera werden daher bis zu sechs Aufnahmen mit unterschiedlicher Belichtungsdauer gemacht, bis der geforderte Grauwert erreicht ist.“ Diese Vorgehensweise ist zwar zeitaufwändiger und dauert bis zu 2s, doch die Zeitdauer ist nach Gerickes Worten nicht der entscheidende Faktor: „Während der Bilderfassung und -erkennung erfolgen noch zwei Widerstandsmessungen, die ebenfalls Zeit benötigen. Der selbst entwickelte Portalroboter, der die Trays nach der Bildaufnahme von der Vertikalachse übernimmt, benötigt pro Tray durchschnittlich 12s, bis er es in das entsprechende Fach ablegt und das nächste aufnehmen kann.“ Trotz der für Bildverarbeitungsverhältnisse extrem langen Zeitspanne, die aufgrund dieser Situation für die Bildauswertung zur Verfügung steht, war es wegen der großen Typenvielfalt mit teilweise nur minimal abweichenden Unterscheidungsmerkmalen nicht einfach, eine sichere Abgrenzung der Varianten zu realisieren. „Die Trays verfügen an den Kanten der Oberseite und optional an einer Seite über erhöhte Kennzeichnungen, auf denen der genaue Typ kodiert ist. Das kann man sich vorstellen wie bei Autoreifen, allerdings ist die Kennzeichnung bei unseren Trays bis zu 1,8mm klein. Da die Bauelementeträger unterschiedlichste Kennzeichnungen besitzen und zudem unterschiedliche Schriftarten im Umlauf sind, werden eine Vielzahl von Mustern und Schriftzeichen angelernt. Aus der Kombination der CVB Polimago OCR-Erkennung und den gefundenen bzw. nicht gefundenen Mustern wird innerhalb von maximal 2s das richtige Tray in einem eigenen Bewertungsverfahren ermittelt,“ erläutert Eikel.

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inVISION 1 2019
Stemmer Imaging AG

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