Benutzerfreundlichkeit im Fokus

Fazit

Die Hersteller der hier betrachteten Programme haben sich der großen Herausforderung gestellt, ihre umfangreichen Algorithmensammlungen mit einem Framework zu versehen, das einem mehr oder weniger qualifizierten Anwender ohne Programmierkenntnisse die Konfiguration einer industrietauglichen Bildverarbeitungslösung ermöglichen soll. Die Implementierung solch einer Software für die typischen Qualitätsanforderungen im industriellen 24/7-Umfeld ist kein Kinderspiel und dürfte über einen längeren Zeitraum beträchtliche Entwicklungsressourcen gebunden haben und auch weiterhin für die Fortentwicklung und Wartung binden. Alle drei Hersteller kämpfen bei der Konzeption der Software mit dem Problem, wie weit man Funktionalität über eine interaktive Konfiguration zugängig macht und ab welchem Punkt man verlangt, dass die erforderliche Logik eben doch in irgendeiner Form ‚programmiert‘ wird? Insbesondere Cognex bietet hier über Skripte, die man in C# innerhalb der IDE direkt eintippen kann, einen sehr flexiblen Ansatz mit teils beängstigendem Durchgriff bis in die Tiefen des Systems. Anstelle quickly build ist dann aber wieder sorgfältig Nachdenken, Programmieren, Dokumentieren, Versionieren und Archivieren angesagt. Der für diese Produktkategorie zentrale Claim einer interaktiven Konfiguration wird dabei dann natürlich auf den Kopf gestellt. Als Anwender muss man sich immer bewusst sein, dass es sich jeweils um proprietäre Insellösungen handelt. Wer die Leistungsfähigkeit der Software einigermaßen ausreizen will, muss mit beträchtlichen Anfangsinvestitionen in die Qualifizierung der Mitarbeiter rechnen. Dieses Investment geht bei einem Anbieterwechsel zu einem erheblichen Teil verloren, auch wenn sich die Konzepte der Softwarepakete in vielen Punkten ähneln. Dennoch wird es spannend zu beobachten sein, in welchem Umfang diese All-in-one-Softwareprodukte am Markt in den nächsten Jahren Verbreitung finden. Der zunehmende Fachkräfte-Mangel in der Industrie spricht ganz klar für Programme wie Merlic & Co. Wenn Personal knapp ist, geht es nur noch darum mit den vorhandenen Ressourcen in möglichst kurzer Zeit viel Output zu erzielen. Andererseits scheuen erfolgreiche Integratoren zuweit gehende Abhängigkeiten und möchten möglichst viel Kontrolle über die eigenen Systeme behalten. Viele werden sich auch zukünftig auf der sicheren Seite sehen, wenn sie das Framework für die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten selbst implementieren und wie bisher lediglich die Algorithmen zukaufen oder sich dabei kostengünstig der zunehmend vorhandenen Open-Source-Angebote bedienen.

Ausblick

Während sich ein Großteil der Informations- und Kommunikationstechnologie-Branche mitten in einem umfangreichen Paradigmenwechsel sieht (Bild 5) und mit skalierbaren und leichtgewichtigen, oftmals cloudbasierten Diensten völlig neue Lösungsansätze und Lizensierungsmodelle entwickelt, scheinen die Softwareanbieter in der Bildverarbeitung an traditionellen Anwendungsarchitekturen und Implementierungsverfahren festzuhalten. Etwas revolutionär Neues konnte jedenfalls bei der kürzlich vorgenommenen Marktevaluierung nicht entdeckt werden. Die Liste der von der Software bereitgestellten Funktionalität verlängert sich kontinuierlich und Gutes wird detailversessen immer weiter verbessert. So entstehen sukzessive immer umfangreichere monolithische Lösungen, die aber kaum noch zu überschauen sind und zunehmend schwerfällig wirken. Ich bin überzeugt, dass sich auch in der Bildverarbeitung Softwarehersteller mit dem grundlegenden Umbruch eingehend beschäftigen und sowohl ihr Angebot als auch ihr Geschäftsmodell radikal überdenken. Wenn große IT-Konzerne wie Google, Facebook und IBM Bildverarbeitungsfunktionalität und künstliche Intelligenz als Cloudservices anbieten und zugleich zunehmend Code aus ihren Labors der Entwickler-Community als Open Source bereitstellen, dann wird das auch Auswirkungen auf die mittelständisch strukturierte Bildverarbeitungsbranche haben.

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Demant Industriesoftware GmbH

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