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CoaXPress und Camera Link HS für High-End-Applikationen

Die neuen Schnittstellenstandards etablieren sich in der Praxis. Anwendungen in den Bereichen Transport und Elektronikfertigung benötigen heute schon Hochgeschwindigkeitslösungen. Wie weit sind CoaXPress (CXP) und Camera Link HS (CLHS) zwei Jahre nach ihrer Standardisierung?
Was bieten diese neuen Standards? Die neue Generation stößt in völlig neue Dimensionen der Highspeed-Datenübertragung mit 6,25GBit/s per Kabel bei CXP vor. Durch Skalierbarkeit über multiple Datenleitungen lässt sich das rasante Tempo noch vervielfachen. Determinierte Echtzeitübertragung, das heißt die zeitliche Vorhersehbarkeit der Verfügbarkeit der übertragenen Daten am Ziel, bei minimaler Latenz (Verzögerung durch Bearbeitung bzw. Transfer) erlaubt einen Einsatz in Hochgeschwindigkeitsanwendungen wie Bewegungssteuerung in der Robotik (Motion-Control) oder Qualitätskontrolle in der Fertigung (z.B. PCB-Inspektion, TFT-Inspektion oder Druck-Inspektion). Die Datenintegrität ist nun auch für deutlich längere Distanzen gewährleistet. So sind mit CXP Kabellängen über 100m ohne Hub oder Repeater möglich. Die Interoperabilität mit den Produkten diverser Kamerahersteller wird dabei durch die GenICam-Kameraschnittstelle gewährleistet. Beide Standards unterscheiden sich in ihren technischen Schwerpunkten und Ausführungen. Hierdurch sind sie jeweils für den Einsatz in speziellen Anwendungen prädestiniert. Doch wann ist ein Einsatz von Hochgeschwindigkeitslösungen sinnvoll? Und welcher der Standards eignet sich für eine konkrete Bildverarbeitungsaufgabe? Die Entscheidung hängt maßgeblich von folgenden Faktoren ab:

  • • Welche Auflösung, welche Geschwindigkeit und welcher Datendurchsatz werden für die Umsetzung der anstehenden Bildverarbeitungsaufgabe benötigt?
  • • Wie sind diese Einzelkriterien für das gegebene Einsatzszenario zu gewichten?
  • • Welche Kamera- und Framegrabber-Eigenschaften werden benötigt, und sind bereits entsprechende schnittstellenkompatible Produkte auf dem Markt?

Während sich erste CLHS-kompatible Serienprodukte noch in der Entwicklung befinden, ist im Bereich CXP bereits eine stetig wachsende Anzahl an Komponenten auf dem Markt. Garant für Qualität und Robustheit der neuen Produkte ist die enge Verzahnung der Hersteller mit den Entwicklungsgremien für die neuen Highspeed-Standards. Silicon Software ist bereits seit Jahren Mitglied sowohl der CLHS- als auch der CoaXPress-Standardisierungsgruppen und arbeitet zur Implementierung neuer Spezifikationen intensiv mit allen führenden Kameraherstellern zusammen. So konnte bereits im vergangenen Jahr einer der ersten CoaXPress-Framegrabber überhaupt serienmäßig ausgeliefert werden. Ein besonderer Vorteil bietet sich beim Umstieg von coaxialverkabelten analogen Systemen auf CXP: Die bestehende Verkabelung kann einfach weitergenutzt werden. Insbesondere in den neuen Märkten der Bildverarbeitung sowie im asiatischen Markt finden sich viele dieser coaxialverkabelten analogen Systeme, aber auch in Europa, z.B. im medizinischen Bereich, im Verteidigungssektor oder beim Londoner City-Maut-System. Doch weisen die neuen Standards auch Shortcomings auf? Zumindest erfordern die unglaublichen Datenraten der neuen Generation ein Umdenken. Technische Herausforderungen stellen sich für Produkthersteller und Bildverarbeitungsanbieter u.a. durch die Umstellung von paralleler (Camera Link) auf schnelle serielle Datenübertragung. Auch kommt es durch die hohen Framerates bei der Bildaufnahme verstärkt zu unerwünschten Nebeneffekten. Der Framegrabber microEnable 5 bietet hier bereits eine Lösung: Direkt auf dem integrierten FPGA wird eine Shading-Correction (Flat Field Correction) in Echtzeit durchgeführt. Somit können sowohl Sensor-Fehler (z.B. Ausfall eines Pixels, Grundleuchten, unterschiedlicher Verstärkungsfaktor) als auch Beleuchtungs- und Optikdefizite (z.B. inhomogene Ausleuchtung, Vignettierung) bereits vor der Übertragung auf den Rechner korrigiert werden.

Highspeed-Einsätze in der Praxis

In Südkorea ist ein CXP-Framegrabber bei der Inspektion von IPS-Display-Panels (Smartphones, Tablets) mittels 3D-Laser Triangulation im Test. Warum kommt hier eine CXP-Lösung zum Einsatz? Bei der Qualitätskontrolle für die bisher produzierten Panels reichte eine Datenrate von 800MB/s völlig aus, die mit einer CameraLink-Lösung umgesetzt wurde. Nun aber soll eine neue Generation von Panels produziert werden, bei der die Struktur des Panels um den Faktor 2,5 kleiner ist als bei den bisherigen. Deshalb muss nun auch mit einer höheren Auflösung getestet werden. Es kommt eine hochauflösende Kamera mit 25MP zum Einsatz. Um gleichbleibende Geschwindigkeit in der Fertigung zu gewährleisten, ist nun eine Datenrate von mindestens zwei GByte/s notwendig, die nur von CXP gewährleistet werden kann. Beim von Silicon Software hergestellten Board wird die Bildvorverarbeitung, das heißt die Bildoptimierung und 3D-Lasertriangulation, vollständig auf dem FPGA des Grabbers durchgeführt. So muss nur noch ein Bruchteil der Datenmenge – wenige Megabyte, also die Koordinaten der Messpunkte – mit minimaler Latenz auf den PC übertragen werden, und die CPU kann die anfallenden High-Level-Berechnungen problemlos bewältigen. In Israel wird CXP zur PCB-Inspektion eingesetzt. Einer der führenden Hersteller der Branche muss für Inspektionsaufgaben eine hochauflösende 25MP-Kamera einsetzen. Zur Inspektion wird nicht das Gesamtbild, sondern nur ein Bildausschnitt von 3.360×2.680 Pixel genutzt. Das Besondere dieser Applikation liegt in der Anforderung an Pixeltiefe und Geschwindigkeit: Hier reichen die herkömmlichen 256 Graustufen (entspricht 8Bit/Pixel) nicht mehr aus. Vielmehr erfordert die Inspektionsaufgabe eine Graustufenauflösung von 10Bit/Pixel, bei einer Bildrate von 178fps. Insbesondere bei der Datenübertragung vom Framegrabber zum PC (DMA) kommt es bei diesen Datenraten zu Engpässen. Die Lösung: Die bereits mit microEnable IV Camera Link erprobte Datenübertragungstechnologie wurde mit DMA3600 auf PCIe x8 Generation 2 skaliert – so können nun im gegebenen Szenario 197fps (dies entspricht 3,548GB/s) stabil in den Hauptspeicher des Rechners übertragen werden. Ein Beispiel für den nicht-industriellen Einsatz von Hochgeschwindigkeits-Grabbern findet sich in optischen Vermessungs- und Inspektionssystemen für die Bahnlinien-Instandhaltung. Ein auf dieses Gebiet spezialisiertes italienisches Unternehmen arbeitet derzeit an der sukzessiven Umstellung seiner Systeme auf CXP. Ein Multikamerasystem ist direkt auf der Frontseite der Lok radial um eine Achse montiert und leitet die aufgenommenen Daten über Framegrabber an eine Multi-Core-CPU weiter. Mit dieser Anlage wird z.B. das Lichtraumprofil der Bahnlinie überprüft, das heißt es werden optische Abstandsmessungen im Radius von 360° zwischen dem Bahnkörper und seiner Umgebung während der Fahrt durchgeführt. Abstände, die nicht dem normdefinierten Mindestabstand entsprechen, werden auf diese Weise aufgespürt, und die verantwortlichen Objekte, z.B. Tunnel, Bäume, usw., den entsprechenden Wartungsarbeiten zugeführt. Die Erstellung einer 3D-Karte vervollständigt den Messprozess und lässt so auch zeitlich nachgelagerte weitere Analysen der Messergebnisse zu. Auch die Inspektion von Tunnelwänden (Feststellung von Rissen in der Tunnelwand, sich verändernde Neigungswinkel etc.) ist mit dem System möglich. Durch den Umstieg auf CXP können für diese Aufgaben nun deutlich schnellere Kameras eingesetzt werden. Gleichzeitig ist es möglich, das Datenverarbeitungssystem (Framegrabber, CPU usw.) in physisch größerem Abstand von der Aufnahmetechnik aufzubauen, da selbst bei maximaler Übertragungsrate Kabellängen von bis zu 50m möglich sind. Dies bedeutet erhebliche Vereinfachungen für Aufbau und Gestaltung von Messzügen.

Grafische Applikationsentwicklung für FPGAs

Bei den extrem hohen Datenraten im Gigabyte-Bereich ist eine ausschließliche Bearbeitung der Datenmengen über die CPU eines Rechners nicht mehr denkbar. Immer wichtiger wird in diesem Zusammenhang eine Vorverlagerung möglichst vieler Bildverarbeitungsschritte auf das FPGA des Framegrabbers. Dies führt zu einer maßgeblichen Entlastung der CPU. Für die Implementierung solcher Lösungen steht die VisualApplets Technologie zur Verfügung. Mithilfe des grafischen Entwicklungstools VisualApplets können individuelle Bildverarbeitungslösungen-innerhalb kürzester Zeit entworfen und als Applet auf den Framegrabber geladen werden. Die Programmierung kann entweder vom Anbieter oder vom Kunden selbst ausgeführt werden. Programmiert wird durchgängig grafisch, das heißt es ist keinerlei VDHL-Programmierung notwendig. Dieses ermöglicht kostengünstige, flexible Einzellösungen, die in kürzester Zeit realisiert werden können. Dies gilt ebenso für Wartung und Weiterentwicklung bestehender Bildverarbeitungslösungen. Noch in diesem Jahr wird Silicon Software einen weiteren Framegrabber der CoaXPress-Produktlinie auf den Markt bringen. Dieser wird neben den Image-Acquisition-Funktionen auch auf den Einsatz in bestimmten Industrien oder Technologiebereichen zugeschnittene Funktionen, sogenannte Smart-Applets, serienmäßig anbieten. Darüber hinaus können auf diesem Framegrabber mittels VisualApplets-Technologie auch individuelle Echtzeit-Bild- und Signal-Verarbeitungslösungen ausgeführt werden. Diese Individual-Lösungen werden zuvor kunden- oder anbieterseitig einfach und komfortabel mithilfe des grafischen Entwicklungswerkzeuges programmiert.

Ausblick

Wie werden sich die bestehenden Standards weiterentwickeln? In welchem Zeitraum werden sich die neuen Hochgeschwindigkeitsapplikationen auf dem Markt etablieren? Werden sich durch die neuen Möglichkeiten auch gänzlich neue Märkte erschließen? Fest steht, die Nachfrage nach hohen Übertragungsraten ist enorm, und ein Rückgang ist nicht zu erwarten. Die schnelle Entwicklung unterschiedlichster Standards, die miteinander um möglichst hohe Datenraten konkurrieren, spiegelt diese Entwicklung wider. Gerade ist USB3-Vision neu auf dem Markt – mit dem Anspruch, den Geschwindigkeitsanforderungen der Konsumenten im Mid-Range gerecht zu werden – allerdings bei kurzen Kabeln. Camera Link ist zu Recht nach wie vor der etablierte Allrounder in der industriellen Bildverarbeitung und in angrenzenden Märkten. Auch Firewire und GigE Vision bedienen immer noch weitreichende Kundenbedürfnisse. Camera Link HS beinhaltet eine fiberoptische Lösung für den Hochgeschwindigkeitsbereich. Silicon Software arbeitet hier intensiv an ersten Produkten. CoaXPress zeigt sich als Standard: Bereits im Februar 2013 wurde Version 1.1 veröffentlicht, die neben Technologieerweiterungen u.a. kompaktere Steckerformen für skalierte Lösungen und weitere Komfortmerkmale anbietet. Silicon Software unterstützt im High-End-Bereich eine vollständige Produktpalette – für CoaXPress ebenso wie für Camera Link HS bietet das Unternehmen sowohl ready-to-use als auch VisualApplets-programmierbare Framegrabber an.

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