Keimfrei verpackt

Keimfrei verpackt

Kameras im EHEDG-gerechten Gehäusebaukasten

Möchte man mit Bildverarbeitungssystemen Anwendungen in offenen Prozessen, wie man sie z.B. in der Lebensmittelindustrie antrifft, erschließen, so müssen zum einen Kamera, Optik und Beleuchtungsquellen hermetisch von der Umwelt und Umwelteinflüssen abgeschirmt werden. Zum anderen muss verhindert werden, dass eine Keimbildung stattfinden kann, das heißt das Gehäusedesign muss von vornherein konstruktiv alle Möglichkeiten ausschöpfen, um das Vorhandensein von Nischen auszuschließen, in denen sich Keime einnisten und vermehren können.

Kamerasystem mit EHEDG-Zertifizierung (Bild: Nophut GmbH)

Kamerasystem mit EHEDG-Zertifizierung (Bild: Nophut GmbH)

Je nach dem gewünschten Grad der Isolation der Kamera von der Umgebung, kann der Aufwand beträchtlich ansteigen. Zum einen muss das Interface derart gestaltet sein, dass in dem zu untersuchenden Wellenlängenbereich eine hohe Transparenz der Fenstermaterialien gegeben ist und störende Reflexionen vermieden werden. Die Dichtheit der optischen Durchführung muss für einen hohen Temperatur- und Feuchtigkeitsbereich garantiert sein und den mechanischen Beanspruchungen der Applikation bzw. der Reinigungsmethoden des Fensters angepasst sein. Auf der anderen Seite sind die elektrischen Durchführungen ein weiterer Punkt in der Entwicklung. Daher versucht man von vornherein die Anzahl der elektrischen Verbindungen zu reduzieren. Bevorzugt werden Einkabellösungen angestrebt, das heißt Bilddaten, Spannungsversorgung der Kamera und zusätzliche Signale für die Triggerung oder die Ansteuerung von Lichtquellen werden über ein einziges Kabel geführt.

Kompakter Gehäusebaukasten

Ziel der Neuentwicklung war ein kompaktes Gehäusebaukastensystem zu realisieren, das auf der Kameraplattform MV0 basiert. Die OEM-Module der softwaredefinierten Kameraserie besitzen einen Formfaktor von 26,5×26,5mm. Mit dem Gehäusedesign wird die Zertifizierung durch die European Hygienic Engineering&Design Group (EHEDG) angestrebt. Die Hauptaufgabe der EHEDG ist es, zur hygienegerechten Konstruktion und Gestaltung in allen Bereichen der Nahrungsmittelproduktion beizutragen, und damit eine sichere Herstellung von Lebensmitteln zu gewährleisten. Eine bereits zertifizierte Umsetzung bei der Nophut GmbH basiert auf der wesentlich größeren Kameraplattform MV1 mit einem Formfaktor von 55x55mm. Bei dem neuen Baukastensystem wurde das optische Interface derart ausgelegt, dass mit Objektiven mit Brennweiten von 4,8 bis 75mm in Verbindung mit Bildsensoren mit einer Bilddiagonalen von bis zu 1″ gearbeitet werden kann. Damit stehen eine große Auswahl an CMOS-Bildsensoren zur Verfügung, bei denen die Auflösungen der Sensoren von VGA bis 5MP reichen. Zur Anpassung des Abbildungsmaßstabes kann man auf Pixelgrößen im Bereich von 3,45 bis 13,2µm zurückgreifen. Der Fokus der Produktpalette liegt bewusst auf CMOS-Bildsensoren mit Global Shutter, wobei s/w-, Farb-, NIR- und HSI-Sensoren zum Einsatz kommen. Gerade hyperspektrale Bildsensoren (HSI-Sensoren) ermöglichen neue Einsatzgebiete der Bildverarbeitung in der Lebensmittelindustrie. Die HSI-Sensoren stehen in der Form von 4×4- bzw. 5×5-Matrixsensoren und als Zeilensensoren mit 100 Spektralkanälen und mehr zur Verfügung. Sollten Anwendungen kleinere Pixel oder den Einsatz von BSI-Sensoren (back side illuminated sensors) erfordern, ist es möglich, auch auf Rolling Shutter CMOS-Bildsensoren zurückzugreifen. Für den EHEDG-gerechten Gehäusebaukasten wurde auf ein Power-over-Ethernet (PoE) GigE Interface gesetzt. Das implementierte Interface erfüllt den GigE Vision und GenICam Standard. Mit GigE Vision 2.0 ist die gewünschte Einkabellösung uneingeschränkt realisierbar. Unter GigE Vision 2.0 ist mit anderen GigE Vision Systemkomponenten zudem eine Triggerung der Kamera in Echtzeit durchführbar. Zum anderen ist auch die Ansteuerung von Blitzlichtquellen ohne Einschränkungen möglich. Die Interfaceverbindung wurde ohne Steckverbinder mit einer hochwertigen Kabelverschraubung realisiert, um den EHEDG-Anforderungen zu genügen.

4:1 Datenkompression für höhere Bandbreiten

Hochgeschwindigkeitsanwendungen scheitern oft an der limitierten Bandbreite der GigE Schnittstelle. Um diesen Nachteil zu überwinden, wurden verschiedene Kompressionstechnologien für die industrielle Bildverarbeitung entwickelt. Die Kompressionstechnologien können bei der Übertragung von s/w- und Farbbildern angewendet werden. Durch den Einsatz der DoubleRate- (DR) und QuadRate (QR) Technologie können auch mit dem neuen Gehäusebaukasten Bildverarbeitungssysteme mit hohen Bilddatenraten realisiert werden, ohne auf ein zweites Datenkabel für die Linkaggregation zurückgreifen zu müssen. Mit Kameras der DR-Serie wurden bereits diverse Applikationen im Bereich der kombinierten Farb- und 3D-Inspektion in der Verpackungsautomation gelöst. Die MV0-Serie wurde mit einer leistungsfähigen FPGA-Technologie und umfangreichem Bildspeicher ausgestattet, die die Realisierung von anspruchsvollen Algorithmen der Bildvorverarbeitung und Kompressionsalgorithmen für Bilddaten ermöglichen. Ziel ist es, mit angepassten FPGA IP-Cores weitere Applikationen im Bereich 3D-Lasertriangulation und Hyperspektral Imaging zu erschließen. Hermetisch abgeschlossene Lichtquellen können im Baukastensystem integriert werden, unabhängig davon, ob es sich um leistungsfähige LED-Lichtquellen oder Linienlaser für die 3D-Lasertriangulation handelt.

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inVISION 5 2016
Photonfocus AG

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