SPS & Bildverarbeitung: Wie geht es weiter? – Teil 2/2

inVISION: Welche Möglichkeiten gibt es, die Usability von Vision-Systemen zu vereinfachen?

Schönhaar: Wir benutzen die Halcon-Bibliothek und machen eine Art eigenen ‚Dialekt‘ darüber, das heißt die Bedienung der (Smart-) Kamerasysteme so weit benutzerfreundlich, dass wir in deren Sprachgebrauch gehen: ‚Ich möchte einen Text lesen, ein Teil verifizieren oder finden.‘ Das ist etwas anderes, als wenn man sagt ‚ich möchte eine Kante finden‘. Natürlich gibt es hier Grenzen, für die wir dann einen Expert-Mode mit zusätzlichen Parametern haben.

Waldl: Es geht darum, das Lösen der kompletten Bildverarbeitungslösung so einfach wie möglich zu machen. Daher haben wir die komplette Bildverarbeitung in die vorkonfigurierten Software-Bausteine von mapp Vision integriert. Diese kommunizieren wiederum automatisch mit allen anderen mapp-Bausteinen. Wenn ich es schaffe, ein Licht einfach zu parametrieren, z.B. den Winkel der Beleuchtung zu parametrieren und softwaremäßig wiederholbar genau einzustellen oder Systeme in der Maschinenvisualisierung ohne ein zusätzliches Bedienterminal darstellen kann, da es Bestandteil der Visualisierung ist, dann habe ich die Usability für den Maschinenbauer deutlich vereinfacht.

Papenfort: Für die Einstellung der Kamera und die Kalibrierung brauchen wir Wizards. Das macht man nicht in den einzelnen Parametern, sondern man hat dafür entsprechende Tools, die das für einen erledigen. Für die Anwendung der Algorithmen stellen wir Funktionsbausteine zur Verfügung, die jeder SPS-Programmierer kennt. Der Programmierer muss also nicht C++ oder eine grafische Programmiersprache erlernen. Er nutzt die Programmiersprachen, die er schon aus der SPS kennt: IEC61131-3.

Munkelt: Auch Smartphone-Apps haben unterschiedliche Bedienkonzepte. Benutzerfreundlichkeit hat also verschiedene Facetten und ist ein Prozess. Dieser bedingt, dass wir Techniker stärker lernen müssen zuzuhören, was die Anwender gut finden. Es ist nicht mehr wie vor zehn Jahren, als sie eine Oberfläche für XP geschrieben haben und die so bis in alle Ewigkeit geblieben ist. Die Investitionen, die man benötigt, um das Verständnis für die Benutzerfreundlichkeit zu erhöhen, werden immer größer. Gleichzeitig steigt aber damit auch die Akzeptanz der Systeme. Man muss unterscheiden zwischen dem, was quasi die Algorithmik einem liefert und zwischen dem, was das Frontend zum Benutzer ist. Es gibt nicht mehr den Zwang, die One-Size-Fits-All Benutzeroberfläche zu haben. Die Anwender sind heute viel eher bereit eine neue Benutzeroberfläche zu akzeptieren, denn das sind sie bereits von ihrem Smartphone gewöhnt.

inVISION: Ist es nicht gerade der Charme für die Anwender, dass er zukünftig Bildverarbeitung aus einer gewohnten SPS-Umgebung machen kann?

Munkelt: Wir alle möchten gerne das verwenden, was wir schon seit Jahren nutzen. Mir geht es aber darum, dass Ökosysteme wahnsinnig viele Aspekte vereinen. Den Spagat, den diese Systeme machen müssen, ist Anwender anzusprechen, die damit sowohl Motion Control als auch Vision-Aufgaben machen möchten.

Noffz: In der Bildverarbeitung haben wir uns bisher immer auf die Algorithmik konzentriert. Wenn wir zukünftig einen Skalierungseffekt haben wollen, müssen auch die Benutzeroberflächen nachziehen. Allerdings haben wir die Möglichkeit, beide Bereiche zu trennen, weil es im Grunde völlig verschiedene Aufgaben sind. Derjenige, der eine gute Algorithmik entwickelt, muss nicht unbedingt auch eine gute Benutzeroberfläche herstellen. Damit komme ich wieder auf OPC UA Vision. Wir haben zukünftig die Möglichkeit, über eine standardisierte Beschreibung die Ergebnisse eines Bildverarbeitungssystems zu bekommen, d.h. es gibt Firmen, die konzentrieren sich alleine auf die Algorithmik und stellen anschließend die Ergebnisse als eine Art Datenblock zur Verfügung. Daneben gibt es Firmen, die diese Blöcke in ihre Ökosysteme aufnehmen und dort in den gewohnten Nutzerumgebungen darstellen. Das ist eine geschickte Verbindung zwischen dem Algorithmik-Know-how der Bildverarbeiter und den großen Ökosystemen der Automatisierer.

B&R – Andreas Waldl, Produktmanager Integrated Machine VisionBalluff – Rainer Schönhaar, Produktmanager Machine Vision

Beckhoff Automation – Dr. Josef Papenfort, Produktmanager Twincat

MVTec Software – Dr. Olaf Munkelt, CEO

Silicon Software – Dr. Klaus-Henning Noffz, CEO

Stemmer Imaging – Peter Keppler, Director of Corporate Sales

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inVISION 2 2019
TeDo Verlag GmbH

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