Tot gesagte leben länger

Tot gesagte leben länger

Lagebericht CCD/CMOS und Framegrabber-Renaissance

Durch die Ankündigung von Sony ab 2026 keine CCDs mehr zu liefern, hat sich die Diskussion ‚CCD vs. CMOS?‘ wohl endgültig zugunsten der CMOS-Sensoren entschieden. Bedeutet dies aber zwangsweise auch das Ende der CCDs in der Bildverarbeitung? Um dies zu erfahren, sprach inVISION mit Andreas Schaarschmidt, Geschäftsführer bei der SVS-Vistek GmbH.

In letzter Zeit ist viel über die Ablösung der CCDs durch CMOS-Sensoren gesprochen worden. Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage?

Andreas Schaarschmidt: Die kurze Version lautet: Tot gesagte leben länger. Natürlich hat die ‚etwas spezielle‘ Kommunikation, rund um die Sony CCD-Abkündigung, das Thema stark befeuert. Aufgrund der eingespeisten Absatzprognosen für die nächsten zehn Jahre, wird Sony allerdings genug Material fertigen, um alle laufenden Projekte sicher bedienen zu können und dafür sorgen, dass auch kein Liefer-Notstand bei den typischen CCDs der Kategorie A (dies sind alle relevanten Sony CCDs für die IBV) ausbrechen wird. Somit werden alle Projekte mit den bereits aus der Vergangenheit bekannten Sony-CCDs, als auch Projekte auf Basis der neuen ICX-CCD-Sensoren mit 6, 9 und 12MP, verlässlich beliefert. Zudem bieten wir – frühzeitig im Timing der Sensor-Releases – passende Alternativen für entsprechende Aufgaben an. Es ist aber richtig, dass der IBV-Markt, spätestens seit dem Debüt des Sony CMOS IMX174, vom CMOS generell begeistert ist. Der 2,35MP-Sensor hat fast alle noch verbliebenen negativen Punkte aus dem CMOS-SWOT-Chart behoben. Mit einer Dynamik von 73dB, seiner hohen Empfindlichkeit und einem niedrigen Fixed-Pattern-Noise liefert er auch bei 2,35MP noch um die 160fps. Die abgespeckte Version IMX249 mit weniger genutzten Datenausgängen, identischen Pixeln und gleicher Auflösung bietet bis zu 40fps, was ideal mit der Bandbreite eines GigE-Datenausgangs korreliert. Der Aufbau der IMX-Sensorstruktur ist zweifelsfrei ein gelungener Hybrid aus Sonys CCD-Erfahrung und neuem CMOS-Design. Im Prinzip wurde ein separater Ladungsspeicher spendiert, der für viele positive Eigenschaften verantwortlich ist und eine hervorragende Grundlage für weitere Entwicklungen bildet. Es gibt aber auch Features, die bei anderen Sensorherstellern angeboten werden, und die der IMX nicht so gut beherrscht. So trägt z.B. beim Setzen von Bildausschnitten (AOI) nur die vertikale Reduktion der Auflösung zu einer Bildratensteigerung bei. Auch andere Sensorhersteller, wie z.B. ON Semiconductor, sind dabei ihre CMOS-Serien zu komplettieren und ein skalierbares Angebot zu formulieren, das dann von den Kameraherstellern aufgegriffen wird. In den nächsten zwei Jahren ist somit eine Sensor-Entwicklung absehbar, die im Bereich 5 bis 12MP das Angebot abrundet. Unsere eigenen SVCam-Serien bieten dafür schon passende Plattformen an, so dass wir sie zeitgerecht ausbauen können. Der nächste Sony-Sensor IMX250 deckt dann den Markt mit 5MP und 3,45µm Pixel ab. Der Großserienstart beginnt im Winter 2015 und läuft in unserer EXO-Kameraserie bereits in Vor-Serie an. Allerdings spielt die industriellen Bildverarbeitung beim Sensorumsatz von Sony nicht die Hauptrolle. Der größte Marktanteil steckt im Konsumentengeschäft (Foto,Video, Smartphones…). Dort stehen die CMOS bereits länger im Mittelpunkt, jedoch bis vor kurzem noch mit sehr kleinen Bildpunkten, für die IBV eher ungünstigem Rolling Shutter und niedrigeren Datenraten. Oft in Verbindung mit kleinsten Objektiven, welche die schönen ‚Marketing-MegaPixel‘ nicht in real messbare Auflösungen ermöglichen. Sensoren für den B2B-Markt leiten sich daher oft aus den Innovationen und Basistechniken des großen Consumer-Marktes ab und werden entsprechend modifiziert und für viele Jahre (teils über Jahrzehnte) zur Verfügung gestellt. Dies gilt besonders für CMOS-Sensoren, da die R&D-Kosten wegen der hohen Komplexität auf dem Chip vielfach höher sind, als bei CCDs. Noch ist unklar, ob auch die CMOS-Sensoren eine derart lange Verfügbarkeit und damit Projektstabilität bieten werden, wie man dies bisher von den Sony CCDs gewohnt war. Gerade beim hochauflösenden Bereich – jenseits von C-Mount, hin zu Vollformat, Mittelformat oder Großformat und mit entsprechenden Objektiv-Systemen -nimmt die Komplexität der Applikationen und der Bedarf an Beratungsleistung schnell zu. Dort zählt noch manche Tugend des CCD-Sensors, wie Homogenität bei der Inspektion von großen Displays oder die präzise Messtechnik. ON Semiconductor veröffentlicht z.B. dieses Jahr für den High-End-Markt noch einen neuen 47MP-CCD-Sensor.

Der Kameramarkt ist von einer Vielzahl an Interfaces durchdrungen. Wie beurteilen Sie die verschiedenen Varianten?

A. Schaarschmidt: Das Interface einer Industriekamera wird im Wesentlichen von der maximalen Datenbandbreite des Sensors bestimmt. Im industriellen Umfeld ist der nächste wichtige Faktor die mögliche Kabellänge und damit auch die Übertragungs- und Störsicherheit der Informationen. GigE-Vision und USB2.0 haben den Vorteil, meist ohne weitere PC-Hardware auszukommen und decken heute den Standardbereich der IBV sehr gut ab. USB 3.0 überträgt preisgünstig Daten im näheren Umfeld mit bis zu 350MB/s. Es wurde viel über das Sterben der Framegrabber spekuliert, aber gerade wenn zukünftig die großen Bandbreiten der CMOS-Sensoren genutzt werden, erfährt die Bilderfassungskarte eine signifikante Wiederbelebung. Viele Anbieter bereiten sich daher bereits auf die Datensammler neuester Generation vor. Camera Link Full bietet bis zu 850MB/s an, läuft stabil und ist stark im asiatischen Raum verbreitet, wo hochauflösende Applikationen in der Elektroindustrie gefragt sind. In Japan ist auch die CoaXPress-Standardisierung angesiedelt, mit dem bis zu 3,125MB/s möglich sind. Hierbei kommen im Prinzip einfache Koaxialkabel mit entsprechenden Verbindungen zum Einsatz. Wie bereits erwähnt, werden z.B. die neuen hochauflösende 25MP-Sensoren mit mehr als 85fps betrieben. Dadurch wird die Struktur der Datenverarbeitung, also der On-Board-FPGA des Framegrabbers als On-the-fly-Datenbearbeiter mit der Möglichkeit zur Datenreduzierung, immer wichtiger. Auch die GPU (Grafikprozessor) als extrem leistungsstarkes Rechenwerk und CPU-Partner spielt zukünftig eine größere Rolle. Es kommt also viel Software-Struktur und Arbeit auf uns zu. 10GigE auf Kupferbasis hängt noch stark von den verfügbaren Chipsätzen ab. Hier geht es auch noch darum, den Stromverbrauch deutlich in Richtung 1,5 bis 2W zu senken. Entsprechende Glasfaserlösungen sind aber bereits am Markt erhältlich.

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SVS-Vistek GmbH

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