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Automatische Zeichenerkennung mit OCR-Software

Wenn in industriellen Anwendungen Zahlen oder Buchstaben schnell erkannt und zuverlässig analysiert werden müssen, ist das Mittel der Wahl ein Bildverarbeitungssystem mit OCR-Funktion. Welche Herausforderungen es hierbei zu bewältigen gilt und wie Bi-Ber diese meistert, wird anhand von Beispielanwendungen erläutert. Software-seitig basieren die Lösungen auf der Programmbibliothek VisionPro und dem Tool OCRMax von Cognex.
Für das automatische Lesen von Seriennummern auf hochwertigen metallischen Teilen hat Bi-Ber einen PC-basierten Handarbeitsplatz inklusive Software und Beleuchtung implementiert. Die Aufgabe war, Bediener bei der Erfassung der Seriennummern zu unterstützen – schwierig hierbei war der Fakt, dass die Nummern im Metall graviert und somit weniger einfach lesbar als aufgedruckte Zeichen sind. Dabei sind weder die Schriftart noch die Gravurmethode vorgegeben, sodass eine große Zeichenvarianz erkannt werden muss. Zudem sind die Seriennummern verschieden lang. Ziel war es, möglichst alle Varianten automatisch, dabei jedoch keine Seriennummer falsch zu lesen. Die Lösung basiert auf einer lernfähigen Software: dem Tool OCRMax von Cognex. Das Tool lernt anhand realer Bilder, indem es die einzelnen Ziffern oder Buchstaben aus einer Schriftzeile extrahiert; der Benutzer weist dem extrahierten Element anschließend die passende Bedeutung zu. Für ein Zeichen können dabei unterschiedliche Bilder hinterlegt werden. Diese Funktion ist unverzichtbar, da die Gravur der metallischen Teile selbst bei gleichen Teilenummern sehr unterschiedlich ausfallen kann. Da weder der Hintergrund noch die Linien der Schrift durchgehend homogen sind, besteht eine weitere Herausforderung darin, die zu einem Zeichen gehörigen Pixel korrekt von der Umgebung zu unterscheiden – OCRMax bietet eine ganze Reihe von Parametern für eine erfolgreiche Segmentierung an. Aufgrund der großen Varianz der einzelnen Teile ist es jedoch erforderlich, mit mehreren Parametersätzen für eine Teilenummer zu arbeiten: Das OCR-Tool wird bei einer Lesung mehrmals hintereinander ausgeführt. So erhält man unterschiedliche Leseergebnisse, die dann zu einem Gesamtergebnis zusammengefasst werden. Der Segmentierungs-Parametersatz kann vom Hauptprogramm aus mit Cognex-Funktionen verwaltet, serialisiert, auf Festplatte gespeichert und wieder geladen werden. Weiterhin ist es möglich, dem Tool Vorinformationen mitzuteilen: So können beispielsweise durch ‚Fielding‘ bekannte oder unveränderliche Ziffern oder Buchstaben vorgegeben werden, die dann nur noch verifiziert werden. Da je nach Gravurtyp unterschiedliche Beleuchtungen vorteilhaft sind, wurde das System mit mehreren Beleuchtungsarten ausgestattet: diffusen LED-Spots von zwei Seiten sowie einer großen und einer kleinen Ringlichtbeleuchtung. Diese Beleuchtungsarten können per Menü beliebig kombiniert werden.

System liest Etiketten und lokalisiert Zeichen im Bild

Gedruckte Schrift ist aufgrund ihrer Einheitlichkeit leichter maschinell lesbar als die gravierten Zeichen im ersten Anwendungsbeispiel oder gar als Handschrift. Beim Lesen von gedruckten Etiketten muss jedoch beachtet werden, dass diese an verschiedensten Objekten angebracht sein und daher in der Kameraebene unterschiedliche Positionen einnehmen können. Daher kann der Leseabstand unter Umständen nicht konstant gehalten werden, und eventuell muss die Kamera unter einem ungünstigen Winkel auf das Etikett schauen. Die Zeichen können sich zudem hinter Glas oder Kunststoffscheiben befinden. Nicht zuletzt ist es oft essenziell, innerhalb einer Etikettenbeschriftung die richtigen Zeichen zu identifizieren – nicht immer muss alles gelesen werden. Diese Herausforderungen löste man für einen Automotive-Lieferanten: Hier wurde ein Machine-Vision-System in eine Rollenbahn für den Wareneingang integriert. Das System liest automatisch die Zahlencodes von Kleinladungsträgern (KLT) und macht so die manuelle Überprüfung der Etiketten durch Bediener überflüssig – es sorgt dafür, dass die KLT je nach Chargennummer weitergeleitet bzw. ausgeschleust werden. Bei nicht lesbaren Etiketten wird ein Anlagenstopp ausgelöst, sodass der entsprechende KLT durch Bediener identifiziert werden kann. Die Hardware wurde der Aufgabe entsprechend ausgewählt: In diesem Fall können die Etiketten an den Warenkisten sowohl vorn als auch hinten angebracht sein. Zum Einsatz kommen daher zwei Kameras, die an einen 17″-Panel-PC mit Touchscreen angeschlossen sind. Die Kameras sind entlang der Rollenbahn montiert und blicken schräg von oben auf die KLT. Da die Position der Rückseiten durch verschiedene Längen schwanken kann, ist der Arbeitsabstand für die hintere Kamera mit 2.150mm etwa doppelt so groß wie bei der vorderen Kamera mit 1.050mm. Das System gleicht Lageabweichungen der KLT bis ±5° aus. Die Bildaufnahme wird von der übergeordneten Maschinensteuerung mittels Triggersignal ausgelöst. Das Lesen der Etiketten und die Auswertung der relevanten Zeichen übernimmt dann die zugehörige Bildverarbeitungs-Software – auch hier wird das Tool OCRMax eingesetzt. Dabei dient das wiederkehrende Muster auf dem Etikett zur Orientierung und wird als Referenz verwendet, um die zu identifizierenden Zeichen zu ermitteln. Das Ergebnis der Prüfung wird auf dem Monitor dargestellt und gleichzeitig als digitales Signal an die Steuerung weitergeleitet. Die Software zur Bildauswertung wurde auf Basis der VisionPro-Programmbibliothek aufgabenspezifisch entwickelt. Ein digitales I/O-Modul gewährleistet eine potenzialgetrennte Kommunikation mit der Steuerung. Das System arbeitet sehr zuverlässig: Die Erkennungsgenauigkeit liegt bei mehr als 97%.

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