Was man beachten muss!

Was man beachten muss!

Beleuchtung für Zeilenkamera-Anwendungen – Teil 1/2

Der Faktor Licht wird bei der Diskussion um ein leistungsstarkes Bildverarbeitungssystem oft vernachlässigt. Dabei erfordert jedes brillante Bild zwei Dinge: eine ausgezeichnete Kamera und eine ausgezeichnete Beleuchtung. Der vorliegende Beitrag hilft bei der Auswahl der optimalen Beleuchtungslösung und gibt wichtige Praxistipps. Teil 1 beschäftigt sich mit den Themen Rauschen, Lebensdauer und Temperatur.
Der erste Schritt zur optimalen Bildqualität besteht in der Wahl der Beleuchtungsart. In der Regel gilt: Ist ein Objekt falsch beleuchtet, ist keine zur Aufgabenstellung passende Bildauswertung durch eine Software oder durch den Benutzer möglich. Das menschliche Auge passt sich automatisch und flexibel an herrschende Lichtverhältnisse und Umgebungsbedingungen an. Ein Mensch würde z.B. die Distanz oder den Sichtwinkel verändern, um Einzelheiten zu erkennen. Industrielle Bildverarbeitungskameras sind demgegenüber nicht in der Lage, automatische Justierungen zur Detailerkennung vorzunehmen, wenn die Beleuchtung nicht korrekt eingestellt ist. Viel Erfahrung ist notwendig, um die passende Beleuchtung für ein bestimmtes Material oder eine spezifische Anwendung auszuwählen. Der Aufwand für die richtige Wahl der Beleuchtung wird in der Praxis oftmals unterschätzt. Daraus resultierende Schwierigkeiten führen häufig zu einer Erhöhung der Projektkosten und im schlimmsten Fall zum Scheitern des Projektes. Die hohen Ansprüche aktueller Bildverarbeitungsanwendungen erfordern eine strukturierte Vorgehensweise. Metallglänzende, dunkle (matte) oder transparente Oberflächen mit unterschiedlichen Eigenschaften benötigen den Einsatz unterschiedlicher Beleuchtungsarten und Beleuchtungstechnologien. Viele unterschiedliche Aspekte beeinflussen die Wahl der richtigen Beleuchtung. Dazu zählen u.a.:

  • • die Größe des zu beleuchtenden Bereiches
  • • die Art und Funktionsweise der genutzten Kamera
  • • die Bewegungsgeschwindigkeit des Objektes bzw. der Kamera
  • • die Farbe der beleuchteten Objekte
  • • die Umgebungsbedingungen
  • • das Verhalten und die Eigenschaften des Objektes (glänzende oder diffus streuende Oberfläche, Höhenunterschiede etc.)
  • • die zu erwartende / benötigte Lebensdauer der Anwendung.

Jeder der genannten Parameter und Eigenschaften ist gleichermaßen relevant und muss bei der Konfiguration berücksichtigt werden. Nur wenn all diese Parameter bekannt sind, kann die Anwendung geplant und die optimale Beleuchtungsart ermittelt werden. Leider ist dies in der Praxis häufig nicht der Fall, was die Auswahl der geeigneten Beleuchtung entsprechend schwierig macht.

Rauschen vermeiden

Die Geschwindigkeit der Zeilenkameras hat sich während der letzten Jahre signifikant erhöht. Dies führt zu erhöhten Anforderungen an die Beleuchtung und speziell der erforderlichen Lichtmenge. Jeder, der einmal eine Digitalkamera benutzt hat, weiß, dass schlechte Lichtbedingungen zu schlechten Bildern führen. Das gleiche passiert in der industriellen Bilderfassung. Dort sind sehr gute Lichtbedingungen ein absolutes ´Muss. Moderne Zeilenkameras sind in der Lage, mit Integrationszeiten von z.B. 15µs zu arbeiten, was eine Beleuchtung von mehr als 1Mio.lx für eine ausgezeichnete Bildqualität erfordert. Beim Einsatz von Zeilenkameras spielt die richtige Ausrichtung von Beleuchtung und Kamera eine Schlüsselrolle. Licht außerhalb der Abtaststelle ist dabei verschwendetes Licht und führt zu erhöhten Kosten und unnötiger Erwärmung. Eines der wichtigsten Kriterien zur Beurteilung von Bildverarbeitungsanwendungen ist das Rauschen. Innerhalb von Bildverarbeitungssystemen gibt es unterschiedliche Rauschquellen. Jedoch dominiert üblicherweise der sogenannte ‚Shot noise‘. Dieser wird durch einen physikalischen Effekt verursacht und hat nichts mit der Kameraqualität zu tun. Die Ursache für dieses Rauschen liegt in der speziellen Natur des Lichts, das heißt der Photonen. Die Bildqualität ist abhängig von der Photonen-Anzahl auf dem Objekt und letztlich der Anzahl an Photonen, welche den Sensor erreichen, der für die Übertragung benutzt wurde. Der Shot noise besitzt eine Poisson-Verteilung und das Rauschen kann daher wie folgt beschrieben werden:

SNR = Ne

Die Elektronenanzahl Ne steht im direkten Zusammenhang zur Anzahl der Photonen. Die Photonenanzahl steht in direkter Verbindung zur Beleuchtungsstärke EV auf dem Sensor und zur Belichtungszeit. In einem optischen Aufbau mit einer definierten optischen Übertragung gibt es drei Parameter, die den Shot noise bei einer Bildaufnahme beeinflussen:

  • • die Integrationszeit ( Scan-Geschwindigkeit).
  • • die Blende ( Tiefenschärfe und maximale Schärfe).
  • • die Lichtmenge auf dem gescannten Objekt.

Die Wahl der Objektiv-Blende hat eine signifikante Wirkung auf die Anforderungen an das Licht. Ändert man die Blende z.B. von 4 auf 5.6, so ist eine um den Faktor 2 höhere Lichtmenge notwendig, um das gleiche Signal-Rausch-Verhältnis beizubehalten. Gleichzeitig wird mehr Tiefenschärfe erzielt und die Abbildungsqualität durch reduzierte Vignettierungseffekte bei den meisten Objektiven verbessert. Eine Modellrechnung macht diesen Einfluss deutlich (Objektauflösung: 300dpi, Sensor Pixelgröße: 10µm, Brennweite: 50mm)

Tiefenschärfe: 8mm; Blende 4.0

Tiefenschärfe: 12mm; Blende 5.6

Tiefenschärfe: 18mm; Blende 8.0

Allgemein wird empfohlen:

  • • Erhöhen Sie die Blendenzahl und die Lichtmenge, damit die Bilder schärfer werden. Vermeiden Sie dabei, dass sich das Signal-Rausch-Verhältnis reduziert.
  • • Erhöhen Sie die Helligkeit so weit, dass die Kamera mindestens 80% ihrer Sensorsättigung beim Scannen des hellsten Objektbereiches erreicht.
  • • Denken Sie an folgenden Zusammenhang beim Rauschen: Je größer die Photonenanzahl innerhalb der Belichtungszeit ist, desto besser ist die Bildqualität.

Die Beachtung dieser Hinweise steigert die Qualität bei der Bildverarbeitung und reduziert die benötigte Rechenleistung für die Bildauswertung. Bild 1a und b zeigen Probleme im Signal-Rausch-Verhältnis (Signal-to-noise-ratio=SNR), die durch fehlendes Licht entstanden sind. Bild 2 zeigt einen typischen SNR-Verlauf, bezogen auf die Beleuchtungsstärke. Im Gegensatz zu einer Hintergrund- oder einer Hellfeldbeleuchtung wird für eine Auflichtbeleuchtung in der Regel eine fokussierte Beleuchtung eingesetzt. Marktübliche Beleuchtungen setzen hier Stab- oder Fresnellinsen ein, um die notwendigen Beleuchtungsstärken zu erreichen. Chromasens praktiziert hier einen anderen Ansatz. Das Unternehmen besitzt ein Patent für den Einsatz von Reflektoren bei der Beleuchtung von Zeilenkamera-Applikationen. Während die Verwendung von Stablinsen zu Farbabweichungen aufgrund von Brechungseffekten führt, ist das entwickelte Spiegel-(Reflektor-)Prinzip frei von solchen negativen Auswirkungen. Mit der Reflektortechnik ist es darüber hinaus möglich, mehr Licht von einer LED zu sammeln (größerer Erfassungswinkel der abgestrahlten Lichtmenge). Der Wirkungsgrad wird dadurch erheblich erhöht.

Lebensdauer und Alterung

Die Beleuchtungstechnik entwickelt sich heutzutage kontinuierlich von den klassischen Beleuchtungen (z.B. Halogen- oder Fluoreszenz-Lampen) hin zu LED-basierten Lösungen. Der LED-Erfolg begründet sich durch eine Reihe von Vorteilen gegenüber den traditionellen Beleuchtungslösungen: Die klassischen Lichtquellen (z.B. Halogenlampen) ändern sich spektral und benötigen eine lange Aufwärmzeit, bis sie einen stabilen Status erreicht haben. Darüber hinaus ist ihre Lebensdauer stark limitiert. LEDs verfügen über eine lange Lebensdauer ohne nachlassende Qualität des spektralen Verhaltens, solange die Temperatur und der Strom konstant gehalten werden. Und schließlich sind LED-Lichtquellen in der Regel sofort betriebsbereit. Die nur sehr kurze Aufwärmphase begründet sich in der kleinen Bauform. Diese Tatsache bedingt jedoch eine gute Wärmeableitung, um die LEDs in angemessenen Arbeitsbedingungen zu halten. Durch gezielte Maßnahmen kann die Lebensdauer positiv beeinflusst werden. Dazu zählt neben der bereits erwähnten Temperaturkontrolle die intelligente Steuerung der Betriebsleistung der LEDs. Über einen Blitzbetrieb lässt sich u.U. die Lebensdauer erhöhen. Dadurch ist es teilweise möglich, die LEDs kurzzeitig über der maximal zulässigen Stromleistung zu benutzen, falls – zeitlich begrenzt – starkes Licht erforderlich ist. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die neuesten Hochleistungs-LEDs die überhöhten Stromleistungen nicht wie frühere LED-Generationen unterstützen. Das natürliche Verhalten einer LED im Laufe der Lebensdauer liegt in einer Verringerung der Intensität. Messungen ergaben, dass die Intensität innerhalb von 50.000h von 100 auf 70% sinkt. Während dieser Zeit zeigt die LED-Leistungsfähigkeit eine graduelle Reduktion.

Temperatur: Kühlung ist wichtig

Trotz der hohen Effizienz von LEDs entsteht in ihnen dennoch eine Verlustleistung. Diese tritt (im Gegensatz zu Fluoreszenz-Lampen) innerhalb eines sehr kleinen Bauraumes auf. Wird die Verlustleistung (Wärme) nicht richtig abgeführt, wird die LED innerhalb von Sekunden zerstört. Deshalb gilt: Je besser die Kühlung, desto länger die Lebensdauer einer LED. Es gibt jedoch auch noch andere Effekte, die berücksichtigt werden sollten. Die LED-Temperatur beeinflusst das spektrale Verhalten / Farbverschiebung sowie die Leistungsfähigkeit / Helligkeit.

Tabelle 1 zeigt die Farbverschiebung, die durch eine Temperaturveränderung in der LED entsteht. Die hier aufgeführten Werte sind Durchschnittswerte bzw. Maximalwerte der Farbabstände im Lab-Farbraum (gemessen mit einer Color-Checker-Testvorlage und bezogen hier exemplarisch auf 55°C). Die Tabelle zeigt, dass das spektrale Verhalten bei Temperaturschwankungen deutlich beeinflusst wird. Ein Unterschied von 30°C kann das Spektralverhalten von 2,2 auf 12,4 E verändern. Zu bedenken ist: Bereits ein Wert von E>1 erzeugt für das menschliche Auge sichtbare Farbveränderungen. Bei Anwendungen, die eine präzise Farbwiedergabe erfordern, wird deshalb empfohlen, die Temperatur der Beleuchtung auf einen definierten Wert zu stabilisieren. Wirksame Wärmekontrollsysteme können die Temperatur einer LED durch intelligente Kühlung in einer Bandbreite von weniger als 2°C regeln. Leistungsfähige Beleuchtungssysteme unterstützen zahlreiche Kühlungsoptionen, wie passive Kühlung durch Wärmeableitung über Konvektion, Druckluft-/Wasser- oder (temperaturgeregelte) Lüfterkühlung. Aktive Lüfterkühlung, Pressluft oder Wasserkühlung sind eine gute Wahl für Messanwendungen bei hohen Umgebungstemperaturen. Durch die Temperaturüberwachung der LEDs und die Regelung der Kühlung (z.B. mit einem Lüfter) lassen sich die Verschiebungen in der Farbwiedergabe vermeiden oder zumindest stark verringern. Dies führt insbesondere bei der Auswertung von Farben zu exakten Messergebnissen. Weiterhin wird – wie bereits erwähnt – dadurch die Lebensdauer der LED-Beleuchtung erhöht.

Teil 2 (inVISION 6/14) beschäftigt sich mit den Themen Arbeitsabstände, Modullänge, LEDs und Polarisation.

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