Winzig und wendig

Winzig und wendig

Mini-Global-Shutter-CMOS-Kamera für Datenbrille

Zur Erhöhung der Mitarbeiterproduktivität und Prozesseffektivität setzen viele Unternehmen auf Datenbrillen, auf denen Mitarbeiter zusätzliche, kontextbezogene Informationen zur Verfügung gestellt bekommen. Der französische Eyewear-Hersteller Laster Technologies hatte für die Entwicklung seiner neuesten ‚Glasses‘ eine ganz besondere Herausforderung: eine winzige bewegliche Kamera zu konzipieren, die in die filigrane Datenbrille hineinpasst, stabile Bilder ohne Verwackler liefert und die Datenübertragung zum Computer verzögerungsfrei hinbekommt.
Laster Technologies wurde 2005 im Forschungszentrum CNRS (Centre National de la Recherche Scientifique) in Paris gegründet. Im Kern des Produktangebots steht die selbst entwickelte und patentierte optische See-thru-Technologie EnhancedView. See-thru heißt, auf den Glas-Displays werden nicht nur Informationen angezeigt, sondern der Nutzer kann auch ganz normal hindurchsehen. EnhancedView gilt als Produkt mit der höchsten Darstellungsqualität. Die Bildauflösung liegt bei über 800×600 Pixel: das ist vergleichbar damit, einen Bildschirm mit einer Größe von 2,70m Bilddiagonale aus 3m Entfernung zu betrachten. Seitdem 2010 die erste kommerzielle Lösung an den Start ging, bringen die Franzosen jedes Jahr ein neues Off-the-Shelf-Produkt für optische Anwendungen auf den Markt. Kein Wunder: Das Unternehmen hat sich auf einen Bereich spezialisiert, der boomt. Datenbrillen sind nicht nur für den Endkonsumenten spannend, der darin z.B. Infos zur nächsten Tankstelle oder dem Kinoprogramm um die Ecke angezeigt bekommt. Im Business-Umfeld nutzen immer mehr Unternehmen die Verbindung von realer Welt und den darübergelegten Informationen, die aus dem Computer kommen – kurz: Augmented Reality. Vor allem in den Bereichen Produktion, Montage oder Wartung, dort, wo beide Hände gebraucht werden, bietet sich die Technologie geradezu an. So sagt das Marktforschungsinstitut Gartner voraus, dass im Bereich Service-Techniker Unternehmen rund eine Milliarde Dollar bis 2017 einsparen könnten, weil sich Diagnose und Reparatur mit der sogenannten Eyewear vereinfachen lassen.

Alte Technik zu kompliziert

Um insbesondere im industriellen Markt die Nase vorn zu haben, müssen die Spezialisten Produkte auf der Höhe der Technik sowie das beste Lösungs-Portfolio anbieten. Dabei helfen seit Juli 2014 die Global-Shutter-CMOS-Kameras von Framos. „Framos bietet uns eine bereits gecustomizte Lösung, mit der sich ein qualitativ hochwertiger, für den industriellen Einsatz konzipierter Sensor in unser Produkt integrieren lässt“, erklärt Thierry Penet, Director Sales&Marketing bei Laster. Besonders wichtig war dem Unternehmen, dass der Kamerasensor eine fokussierbare und austauschbare Optik (M12 Mount) mitbringt, ein besonders stabiles Bild ohne Shutter-Artefakte liefert und rauscharm ist. Gefragt war auch eine niedrige Latenzzeit im Stream von der Kamera bis zum PC/Display. Zuvor hatte das französische Unternehmen eine analoge, ultraschmale Video-NTSC-Kamera im Einsatz. „Diese Kamera benötigte jedoch einen USB-Konverter, der den analogen in einen digitalen VGA-Video-Stream umwandelte. Das hatte neben dem höheren Platzbedarf eine deutlich schlechtere Bildqualität zur Folge, zum anderen hatten die meisten Algorithmen damit große Schwierigkeiten, gute Tracking-Ergebnisse zu erhalten“, erinnert sich Thierry Penet. Die Herausforderung für Laster bestand vor allem darin, die Kamera auf engstem Raum unterzubringen. Zwar gibt es bereits viele kleine Kameras in Smartphones, doch sie eignen sich nicht, um im industriellen Umfeld verlässlich genutzt zu werden. Damit sich nicht der von Handy-Kameras bekannte Verwischungseffekt bei bewegten Objekten ergibt, war eine Global-Shutter-Kamera gefragt. Weil ein Global Shutter das auf alle Bildpunkte gleichzeitig fallende Licht steuert, sind alle Bildpunkte immer gleichzeitig entweder dem Licht ausgesetzt oder vom Licht abgeschirmt, das schließt Verzerrungseffekte aus. Den Auswahlprozess für die geeignete Kamera-Technologie machten sich die Experten nicht einfach. „Wir haben eine ganze Reihe von Global-Shutter-CMOS und auch Rolling-Shutter-Kameras für den industriellen Einsatz untersucht. Ausgangspunkt war ein Anforderungskatalog, den Framos aus unserer Sicht am besten erfüllt hat“, erklärt Benoit Froissard, R&D-Ingenieur bei Laster. Zu den Kriterien gehörten der Sensor, die mechanische Integration, Funktionalität, das Interface für die Applikationsprogrammierung, Preis und Mindestbestellmenge, denn am Anfang war klar, dass für die Prototypen nur eine kleine Menge der maßgeschneiderten Kameras benötigt wurden.

Nach drei Monaten erste Ergebnisse

Der schwierige Part bestand darin, die Kamera exakt für die Benutzung in der speziellen Brille zu designen. Gelöst wurde dies mit dem Aptina-Sensor MT9V024 und einem spezifischen seriellen Interface, das für die Verbindung der Brille mit dem Computer sorgt. Der Sensor besticht durch seine exzellente Pixelperformance und Bildqualität durch exakte Farbwiedergabe, hohe Lichtempfindlichkeit und Rauscharmut. Damit der Platz reicht, durfte der Kamerakopf nur mit wenigen Komponenten und Drähten entwickelt werden, trotzdem musste er sich drehen können. Die auf Microsoft Framework .Net basierende in C# programmierte Software, die man ursprünglich genutzt hatte, musste nach C/C++ portiert werden, damit Laster sie wie angefordert auf Linux nutzen konnte. In nur drei Monaten war Design und auch die komplette Umsetzung fertig. Aktuell arbeitet Laster noch mit Prototypen, in Kürze soll die industrielle Fertigung anlaufen. „Unsere Kunden können mit der Lösung ihre eigenen Applikationen erstellen, die Bildverarbeitung mit Augmented-Reality-Algorithmen verbindet. Die Kamera erfasst die Realität in Echtzeit, die Position der Kamera wird in 3D berechnet und so die Lokalisierung des Anwenders in seiner aktuellen Aufgabe und Umgebung erreicht. Auf diese Weise wird die richtige Information im richtigen Moment angezeigt.“, erklärt der Vertriebsverantwortliche. Kunden des Datenbrillen-Herstellers nutzen dafür Software Development Kits von Augmented Reality-Anbietern oder eigene Algorithmen. Ein aktueller Kunde aus der Luftfahrtindustrie nutzt die EyeWare um seinen Wartungsingenieuren virtuelle Produkt-, Bau- und Schaltpläne über das zu prüfende oder zu reparierende Teil zu legen, Handlungsanweisungen einzuspielen und so das betreffende Bauteil bzw. die Maschine fehlerminimiert zu warten. Bei speziellen Reparaturaufträgen kann durch Nutzung dieser Vorgehensweise z.B. das teure Einfliegen von Experten vermieden werden.

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| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 1 2015

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