Standardisierte Kalibrierung

Standardisierte Kalibrierung

VDI/VDE5585 Blatt 2: Kalibrierung von Thermografiekameras

In Anlehnung an die Richtlinie VDI/VDE3511 Blatt 4.4, in welcher die Kalibrierung von Pyrometern beschrieben ist, behandelt die VDI/VDE5585 Blatt 2 die Kalibrierung von Thermografiekameras, die in ihrer Anwendung eine rückführbare Kalibrierung durch akkreditierte Kalibrierlabore außerhalb der Staatsinstitute ermöglichen.

Die VDI/VDE5585 Blatt 2 beschreibt Verfahren zur Kalibrierung von Thermografiesystemen, die eine r?ckf?hrbare Kalibrierung durch akkreditierte Kalibrierlabore erm?glichen. (Bild: Dias Infrared GmbH)

Die VDI/VDE5585 Blatt 2 beschreibt Verfahren zur Kalibrierung von Thermografiesystemen, die eine rückführbare Kalibrierung durch akkreditierte Kalibrierlabore ermöglichen. (Bild: Dias Infrared GmbH)

Thermografiekameras – ursprünglich im Rahmen militärischer Nutzung als Nachtsichtgeräte entwickelt – werden zunehmend als industrielle Messinstrumente zur ortsaufgelösten berührungslosen Temperaturmessung eingesetzt. Die Anwendungen reichen dabei von frostigen -20°C für die Gebäudethermografie oder Lebensmittelindustrie bis zu deutlich über 1.500°C in Prozessen der Metallurgie und Glaserzeugung. Ermöglicht wurde die kommerzielle Nutzung durch den mittlerweile vollständig vollzogenen Übergang von scannenden Systemen zu Kameras mit Focal Plane Arrays (FPA), also Matrixdetektoren unterschiedlicher Pixelanzahl. Unter Verwendung dieser FPA sind zwei grundsätzlich unterschiedliche Detektortechnologien im Einsatz: einerseits ungekühlte thermische Detektoren, sogenannte Mikrobolometer, andererseits (un-)gekühlte Photonendetektoren. Diese unterscheiden sich in technischen Merkmalen wie Zeitkonstante und Empfindlichkeit, aber auch den Kosten. Für den Anwender, der eine Temperaturverteilung ortsaufgelöst mit hoher Genauigkeit messen möchte, zeigt sich am Markt eine Vielzahl unterschiedlicher Gerätevarianten mit abweichenden Beschreibungen und Merkmalen, die nicht unmittelbar vergleichbar sind oder deren Relevanz für ihn nicht klar ist. Beispielsweise sind Parameter zur Beschreibung der Sichtweite für die Erkennung von Personen bei Dunkelheit oder Nebel wichtig, für die Temperaturmessung im Industrieprozess jedoch vollkommen uninteressant. Die Integrationszeit spielt bei Thermografiekameras mit Photonendetektoren eine wichtige Rolle, nicht jedoch Thermografiesysteme mit Mikrobolometer. Bei diesen bestimmt die thermische Zeitkonstante des empfindlichen Detektorelements das zeitliche Verhalten.

Kalibrierung

Für die Anwendung als ortsaufgelöstes Temperaturmessgerät ist die Kalibrierung und deren Unsicherheit, also die Genauigkeit einer Temperaturmessung an jedem einzelnen Bildpunkt, ein wesentliches Anwendungskriterium. Viele Thermografiekameras zeigen durch Einfärbung oder numerisch für jeden Bildpunkt eine Temperatur in °C an. Der Hersteller muss dafür über eine zuverlässige Methoden eine Beziehung zwischen dem Signalwert jedes Einzelpixels mit der physikalischen Strahlungstemperatur herstellen, wie sie durch das Plancksche Gesetz beschrieben wird, und die Abweichung zu einem rückführbaren Normal dokumentieren. Die zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten sind umfangreich, nicht-linear und durch eine Vielzahl von Parametern beeinflusst. Voraussetzung einer erfolgreichen Kalibrierung ist die Ermittlung und Einhaltung wesentlicher messtechnischer Kennparameter des Messgerätes. Dazu gehören Parameter wie die rauschäquivalente Temperaturdifferenz NETD, die inhomogenitätsäquivalente Temperaturdifferenz IETD, die Reproduzierbarkeit und viele weitere Werte.

VDI/VDE5585 Blatt 1 und 2

Während für punktförmig messende Strahlungsthermometer (Pyrometer) mit den VDI/VDE Richtlinien 3511 Blatt 4.1 und 4.2 (mittlerweile durch die internationalen Dokumente IEC/TS62492-1 und IEC/TS6249-2 ersetzt) Dokumente zur Beschreibung der messtechnischen Parameter und ihrer Ermittlung sowie mit der VDI/VDE3511 Blatt 4.4 die Richtlinie zur Kalibrierung von Strahlungsthermometern seit Jahren zur Verfügung stehen, fehlten derartige Dokumente für Thermografiekameras lange Zeit, sowohl in Deutschland als auch international. Im Jahr 2013 bildete sich daher der VDI Fachausschuss 8.16 ‚Temperaturmessung mit Wärmebildkameras‘, der sich als Partner des Fachausschusses 8.14 ‚Angewandte Strahlungsthermometrie‘ sieht und staatliche Institute, Universitäten, Forschungseinrichtungen sowie die Hersteller und Anwender von Thermografiekameras zusammenbringt. Mit der VDI/VDE5585 Blatt 1, die im Oktober 2016 erschien, wurden die messtechnischen Parameter, welche die Grundlage von Temperatur messenden Kameras bilden, umfassend beschrieben. Dabei werden neben der Begriffsdefinition, auch die eigentlichen Verfahren zur Ermittlung der messtechnischen Parameter und die Art ihrer Dokumentation beschrieben. Die aktuell laufenden Arbeiten umfassen mit VDI/VDE5585 Blatt 2 die Verfahren und Grundsätze der Kalibrierung, die in ihrer Anwendung eine rückführbare Kalibrierung durch akkreditierte Kalibrierlabore außerhalb der Staatsinstitute ermöglichen. Dies umfasst die zur Anwendung kommenden Rückführmethoden, als auch die erforderlichen Ausstattungen der Laborräume, sowie die eigentliche Durchführung und Hinweise zur Berechnung der resultierenden Unsicherheit der Kalibrierung. Das Regelwerk wird damit konsistent für die beiden Geräteklassen Strahlungsthermometer und Thermografiekameras. Aus Anwendersicht resultieren aus den Richtlinienreihen eine bessere Vergleichbarkeit von Datenblättern und Spezifikationen, sowie eine Standardisierung bisher herstellerspezifischer, unveröffentlichter Abläufe. Darüber hinaus wird damit die Voraussetzung für eine rückführbare Kalibrierung durch unabhängige akkreditierte Kalibrierlabore geschaffen.

Themen:

| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 6 2017
DIAS Infrared GmbH

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