Chaotische Fertigung

Chaotische Fertigung

Automatische Montagekontrolle von PKW-Motoren

In modernen Montagelinien wird eine Vielzahl von Produktvarianten in ungeordneter Reihenfolge hergestellt. Auch die Motorenmontage findet unter diesen Bedingungen statt. Die Fertigungsmethode birgt jedoch die Gefahr, dass falsche Teile montiert werden.
Für die Sicherstellung der Qualität werden daher flexible Bildverarbeitungssysteme benötigt, um die Richtigkeit der Vielzahl an montierten Bauteilen zu kontrollieren. Hierbei kommt es nicht nur auf die Anwesenheit der Bauteile, sondern auch deren richtige Montage bzw. Verriegelung an. Die Herausforderung besteht darin, die über 300 Motorvarianten mit ca. 70 verschiedenen Bauteilen intelligent in eine Prüfstrategie einzubinden. Diese soll es ermöglichen, neue Varianten bekannter Bauteile ohne zusätzliche Programmerstellung zu konfigurieren und neue Bauteile einfügen zu können ohne bestehende Programme ändern zu müssen. Für die Überprüfung steht eine Taktzeit von 40 Sekunden zur Verfügung.

Motorvarianten einfach anlegbar

Für diese Aufgaben hat sich ein deutscher Automobilhersteller für das NeuroCheck-System entschieden. Für die Umsetzung wurde aus Taktzeitgründen keine Roboterlösung, sondern eine Lösung mit mehreren statischen GigE-Kameras und sechs Schwenk-Neige-Zoom-Kameras (SNZ-Kamera) gewählt. Die Besonderheit der SNZ-Kamera ist, dass sie sich direkt vom Bildverarbeitungssystem aus programmgesteuert in Blickrichtung, Zoomeinstellung und Fokussierung auf ein Prüfmerkmal einstellen lässt. Somit können alle Bauteile, aber auch in der Zukunft auftretende neue Merkmale, großformatig im Bild dargestellt werden. Ein weiterer Vorteil ist, dass mehrere Kameras zeitgleich auf eine neue Position gefahren werden können und somit eine Parallelisierung stattfinden kann. Mehrere dimmbare und schaltbare Beleuchtungen lassen sich aus dem Prüfablauf heraus variabel ansteuern und die einzelnen Bauteile optimal ausleuchten. Das Konzept ist so flexibel ausgelegt, dass auch Erweiterungen der Aufgaben einfach realisiert werden können. Die Typverwaltung erfolgt über eine Datenbank, die alle Motorvarianten mit den zu prüfenden Bauteilen enthält und mit einer eindeutigen Typnummer versehen ist. Von der Liniensteuerung wird der Motorentyp an das Bildverarbeitungssystem übergeben. Über eine SQL-Abfrage wird aus der Datenbank der Datensatz gesucht und automatisch ein Prüfablauf generiert. An jedem Motor werden so bis zu 60 Merkmale überprüft. Das Ergebnis der Prüfung wird am Systemmonitor angezeigt. Zudem erzeugt das Bildverarbeitungssystem ein Prüfprotokoll im XML-Format, welches mit jedem Browser geöffnet und betrachtet werden kann. Neben der Protokollierung der Einzelergebnisse für Dokumentationszwecke, steht dieses Dokument dem Werker am Nacharbeitsplatz als Fehlervisualisierung zur Verfügung. Alle notwendigen Daten wie Soll- und Ist-Bild werden für die Fehlerbehebung angezeigt und farblich hervorgehoben. Die Anforderung, neue Motorvarianten einfach anlegen zu können, wurde über die Datenbank gestaltet und ist somit für das eingewiesene Bedienpersonal leicht durchführbar. Neue Bauteile werden einmalig als Programmteil angelegt und können anschließend flexibel in Prüfabläufe eingebunden werden. Die Prüfprogrammstruktur aller Einzelaufgaben wurde auf Basis der Premium-Edition der Bildverarbeitungssoftware NeuroCheck erstellt. Die entwickelten Prüfprogramme sind in hierarchischer Struktur mit mehreren sequenziell aneinander gereihten Prüfschritten aufgebaut. Die Software stellt sowohl Entwicklungs- als auch Laufzeitumgebung unter einer Oberfläche zur Verfügung. Die Prüfprogramme sind somit jederzeit am System erweiterbar und werden aus verschiedenen Bibliotheksfunktionen graphisch-interaktiv zusammengestellt und parametriert. Eine Programmierung ist hierzu nicht erforderlich.

Fazit

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass das System die Prüfanforderungen sicher erfüllt. Das verantwortliche Instandhaltungspersonal konnte sich schnell mit der Handhabung des Systems identifizieren und selbstständig neue Varianten einpflegen. Die Zuverlässigkeit des Systems zeigt sich am besten daran, dass Kunden bereits für verschiedene Motorengenerationen diese Technik eingesetzt haben und weitere in Planung sind. Die bei diesem Projekt verwendete Prüfstrategie kann auch bei anderen Aufgabenstellungen im Automobilbereich eingesetzt werden, z.B. bei der Montagekontrolle an Stoßfängern oder PKW-Türen.

Themen:

| Fachartikel

Ausgabe:

inVISION 2 2014

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Bild: TeDo Verlag GmbH
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